Bibelvers der Woche 40/2023

Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern: …
Mat 26,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zwischenüberschrift? 

„… Ihr wisst, dass in zwei Tagen Passa ist; und der Menschensohn wird überantwortet werden, dass er gekreuzigt werde“ — so führt Matthäus den angefangenen Satz fort. Jesus kündigt seinen Tod an. Der Satz steht zwischen einem großen Abschnitts mit Jesu Worten über die Endzeit der Welt und dem Bericht über sein eigenen Ende: Verrat, Urteil, Folter, Tod.  

Ist der Satz so gefallen? Ich meine: an dieser Stelle? 

Im Anschluß beschreibt Matthäus die Salbung von Betanien. Als Jesus zu Tisch saß, tritt eine Frau tritt herzu und salbt ihn — kostbares Salböl aus einem Alabastergefäß, wie für einen König. Das Salböl ist ein Vermögen wert und die Jünger reagieren unwillig: statt Jesus damit zu salben, hätte die Frau es den Armen geben können. Jesus weist die Jünger zurecht: die Salbung erfolgt zu seinem Begräbnis, sagt er, sie nimmt seinen Tod vorweg, und ewig wird man dessen gedenken, was die Frau getan hat. 

Ohne die Leidensankündigung unmittelbar zuvor wäre dies eine geheimnisvolle und eindrückliche Begebenheit: Eine fremde Frau sieht, was sonst niemand sieht, einer Prophetin gleich, und mit ihrer Zeichenhandlung erweist sie Jesus Ehren, die einem König zukommen, die aber auch auf seinen Tod weisen und darüber hinaus. Die Geste kommt aus einer anderen Welt, wie die Taube bei Jesu Taufe. Die Jünger aber sind in ihrer eigenen Welt und reagieren so, wie sie es eben vermögen. Es ist Jesu Zurechtweisung, die schließlich die beiden Welten verbindet.

Mit der Leidensankündigung wird eine andere Geschichte daraus. Die Frau mit ihrem Salböl hätte einfach das Naheliegende getan. Der Unwille der Jünger aber wird zu Dummheit und Impertinenz, und der Satz: „Wozu diese Vergeudung? Es hätte teuer verkauft und das Geld den Armen gegeben werden können“ schließlich wäre blanke Beleidigung des Meisters. An diesem Punkt hätte Jesus, statt die Jünger zurechtzuweisen, auch aufstehen können und gehen…

Welche der beiden Geschichten mögen Sie lieber? 

Unsere Bibelausgaben sind voll von Überschriften und Zwischenüberschriften. In meiner Bibel ist Abschnitt 26 überschrieben mit „Jesu Leiden, Sterben und Auferstehung“. Diese Überschriften aber gibt es in den hebräischen und griechischen Originaltexten nicht, ebensowenig wie die Unterteilung in Abschnitte. Die Verfasser mussten andere Wege finden, um größere Sinnabschnitte abzugrenzen und Lesern die Orientierung zu ermöglichen.

Ich selbst hoffe, dass Matthäus die Leidensankündigung aus editorischen Gründen an diese Stelle platziert hat. Die Jünger jedenfalls haben den Schuss bis zum Schluß nicht gehört. Als Jesus tatsächlich am Kreuz starb, traf es sie völlig unvorbereitet.

Die Gnade sei mit uns allen.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 39/2023

Die Gnade sei mit euch allen! Amen.
Heb 13,25

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ein Segen

Den Vers muß ich nicht kommentieren, er spricht für sich selbst. Aber lesen Sie doch mal den Abschnitt, aus dem er kommt.

Die Gnade sei mit uns allen! Amen.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 38/2023

Er half dem Elenden und Armen zum Recht, und es ging ihm wohl. Ist’s nicht also, dass solches heißt, mich recht erkennen? spricht der HErr.
Jer 22,16

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Das Recht des Schwachen achten

Worauf kommt es Gott bei Macht und Herrschaft an?.Mit einer ungeschminkten und sehr provokativen Warnung wendet Jeremia sich an Zedekia, den letzten König von Juda, um das über dem Reich hängende Unheil noch abzuwenden. Jeremias Botschaft wertet auch die drei schwachen Vorgänger: Joahas (Schallum), der nur drei Monate regierte, als der ägyptische Pharao ihn wieder absetzte, Jojakim, sein Bruder, der sich erfolglos gegen die Babylonier auflehnte, und sein Sohn Jojakin,(Chonja), der mit achtzehn Jahren König wurde und sofort die Politik seines Vaters büßen musste: er wurde weggeführt nach Babylon. Zum Verständnis von Abschnitt 22 siehe die BdW 41/2019 und BdW 41/2019

Der gezogene Vers nimmt den Vers 22,3 wieder auf, der wie eine Art Klammer und Überschrift den kardinalen Fehler der letzten Könige von Juda beschreibt: Die Mächtigen Judas haben sich nicht um Recht und Gerechtigkeit gekümmert, sondern waren vor allem darauf aus, Schwächere auszubeuten: 

So spricht der Herr: Schafft Recht und Gerechtigkeit und errettet den Beraubten von des Frevlers Hand und bedrängt nicht die Fremdlinge, Waisen und Witwen und tut niemand Gewalt an und vergießt kein unschuldiges Blut an dieser Stätte. Werdet ihr das tun, so sollen durch die Tore dieses Hauses einziehen Könige, die auf Davids Thron sitzen, und fahren mit Wagen und Rossen samt ihren Großen und ihrem Volk. Werdet ihr aber diesen Worten nicht gehorchen, so habe ich bei mir selbst geschworen, spricht der Herr: Dies Haus soll zur Trümmerstätte werden. (22,3-5)

Herrschaft des Rechts — wie im BdW 17/2023 aus diesem Jahr. Der gezogene Vers oben richtet sich spezifisch an Jojakim: Jeremia fragt, ob sein Vater, der große Reformkönig Josia, denn „nicht auch gegessen und getrunken“ habe. Dabei habe er aber das Recht der Elenden und Armen geachtet und geschützt. Für Gott und Jeremia müssen gute Könige keine heiligen Asketen sein. Aber sie müssen die Basics hochhalten, und die liegen im Recht des Schwachen. 

Und im Nachsatz verstärkt der Vers die Botschaft auf eine Weise, die ich zuvor noch nie gesehen habe. Das Recht des Schwachen achten heisst den Herrn achten. Gott identifiziert sich hier geradezu mit dem Recht des Schwachen. Nicht nur von fern erinnert das an Mat 25,40: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

Herrschaft des Rechts. Zeitlos und aktuell. Man wünscht sich mehr davon. Auch in diesem Land.  

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 37/2023

Da das sah Judas, der ihn verraten hatte, dass er verdammt war zum Tode, gereute es ihn, und brachte wieder die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Ältesten.
Mat 27,3

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

In der Geisterbahn

Der Vorhang zum letzten Akt hat sich geöffnet. Judas, einer der engsten Vertrauten Jesu, hat diesen an die Miliz des Sanhedrin, des Hohen Rats verraten, gegen Geld. Jesus wird verhaftet und abgeführt. Der Sanhedrin tagt, gemeinsam mit dem Hohepriester, und sie beschließen Jesu Tod, wegen Gotteslästerung. Er wird der römischen Besatzungsmacht überantwortet, weil die Juden selbst keine Todesurteile fällen und vollstrecken dürfen. Es bleibt daher noch zu prüfen, ob Jesus auch gegen römisches Recht verstoßen hat, aber der Ausgang scheint nun hinreichend klar. Für Judas ist das Geschehen unerträglich, er wird von tiefer Reue erfasst. Hier der Textzusammenhang, Mat 27, 3-5:

Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass er zum Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, unschuldiges Blut habe ich verraten. Sie aber sprachen: Was geht uns das an? Da sieh du zu! Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging davon und erhängte sich.

Nur Matthäus berichtet von Judas‘ Selbstmord. Beim zweiten Hinsehen ist Judas‘ Reaktion nicht unmittelbar einleuchtend. Das Ergebnis der Verhandlung war eigentlich gut vorhersehbar. Judas hatte eine hohe Belohnung erhalten, und die Hohepriester oder ihre Miliz haben sie gezahlt, um etwas damit zu erreichen. Ein öffentlichkeitswirksamer Freispruch war sicherlich nicht das Ziel. Warum bringt sich Judas also um?

Die kritische Veränderung kommt nicht aus der Umwelt, sie muß sich in ihm selbst vollzogen haben.  Oder aber seine Verzweiflung war zuvor schon übergroß, und er hat zuerst die geistliche Seite seines Lebens getötet und dann die körperliche. Jesu Tod wäre dann die letzte Station auf Judas‘ persönlicher Reise in die Nacht. 

Wie ja auch umgekehrt. Judas‘ und Jesu Leben sind am Ende auf geheimnisvolle Weise miteinander verschränkt, Bild und Gegenbild, sie beide sterben mit und wegen des jeweils anderen.

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Nachts am, Fluss, Ulf von Kalckreuth, 2019

Bibelvers der Woche 36/2023

Nach der Zahl der vierzig Tage, darin ihr das Land erkundet habt; je ein Tag soll ein Jahr gelten, dass ihr vierzig Jahre eure Missetaten tragt; auf dass ihr innewerdet, was es sei, wenn ich die Hand abziehe.
Num 14,34

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zurückweisung

Oh, das klingt nicht gut…! Was ist passiert? Nach einem Durchzug durch die Wüste kommt das Volk Israel an die Grenze Kanaans des Gelobten Landes. Späher werden ausgesandt, und sie berichten Schreckliches über Kraft und Stärke seiner Einwohner. Eine militärische Eroberung scheint aussichtslos, selbstmörderisch. Die Israeliten wollen den Sprung nicht wagen und murren — gegen Gott und gegen die Führung Moses. 

Dies Mißtrauen ist für Gott die Zurückweisung seines großen Versprechens. Mose hält ihn ab von einem Gewaltakt gegen sein Volk. Aber keiner der jetzt lebenden Erwachsenen soll das Gelobte Land sehen — mit Ausnahme zweier Späher, die sich dem Mainstream der anderen entgegengestellt haben. Erst den Kindern der Wüstenwanderer soll der Ausbruch gelingen. Dazu gibt es Betrachtungen bei BdW 40/2018 und BdW 01/2022. Es ist ein Fluch, der milderen Art immerhin. Die Isrealiten sollen in der Wüste bleiben, aber stehen dort weiter unter Gottes Schutz. 

Der unversöhnliche Ton des Verses irritiert. Gott ist persönlich gekränkt und stellt die Rechnung — ein Jahr Wüste für jeden Tag, den die verfehlte Erkundung dauerte. Woher diese Kränkung? Von Eltern verlangt man heute, dass sie von ihren Kindern viel Schlimmeres entgegennehmen und dabei gleichmütig, offen und zugänglich bleiben. Die andere Wange hinhalten, positiv, ein Fels in der Brandung…

Und auch heute gelingt Eltern das nicht immer. 

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 35/2023

Da er aber vom Berg herabging, folgte ihm viel Volks nach.
Mat 8,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Jesus Christ Superstar

Während einer nicht allzu langen, aber kritischen Zeit seines Lebens war Jesus eine Art Superstar im jüdischen Land. Wo er hinkam, erregte er Aufsehen. Menschen folgten ihm, anderen gab er Anlass zu Wut und Empörung. Warum eigentlich?

In unserem Vers steckt eine Antwort. Der Vers ist eine Art Bindeglied. Davor steht die Bergpredigt, der Kern dessen, was die Botschaft Jesu ausmacht. Diese Predigt ist eine Kompilation verschiedener Reden Jesu. Dahinter steht ein großer Block mit Heilungsberichten und Wundern, die Jesu praktische Wirkungsmacht belegen — auch dies eine Kompilation, denn es wird eine große Zahl von Wundern bezeugt. 

Durch Predigten einerseits und Wunder andererseits hatte Jesus schnell große Bekanntheit erlangt, und die Öffentlichkeit nahm ihn intensiv wahr, wo immer er auch hinging. 

Der Vers ist nicht als konkrete Beschreibung einer großen Volksmenge zu lesen. Im nachfolgenden Text wird beschrieben, wie Jesus einen Aussätzigen heilt und ihm befiehlt (Vers 4), niemandem etwas davon zu erzählen, sondern zu den Priestern zu gehen, die vorgeschriebene Begutachtung vornehmen zu lassen und das vorgesehene Opfer zu bringen. Diese Begegnung hatte nur wenige Zeugen, sonst wäre der Befehl sinnlos.

Jesus steht im Rampenlicht!

Die Antwort unseres Verses wirft bei mir die nächste Frage auf. Wie wäre es denn heute — könnte man mit Predigten zum rechtem Handeln und zum Reich Gottes ein Superstar werden? Mit Wunderheilungen? Für unsere traditionellen Medien — Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen — wäre dieser Stoff no go. Jesus müsste den Weg über die sozialen Medien gehen, sonst fände er keine Beachtung. Und dann? Würde er dort in einer Blase landen?

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 34/2023

Von den Kindern Laedan, den Kindern des Gersoniten Laedan, waren Häupter der Vaterhäuser die Jehieliten.
1 Chr 26,21

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Die Hüter des Tempelschatzes

Nicht um Indiana Jones geht es hier, sondern darum, wie jemand im biblischen Israel zu seiner Aufgabe fand. Um es kurz zu sagen; Ein Mensch wurde in eine Familie hineingeboren, die sich in der Gemeinschaft in einer bestimmten Weise nützlich macht, und dies oft schon seit Jahrhunderten. Das war der Platz dieses Menschen, er war ihm garantiert, einen anderen gab es nicht. Gott selbst hatte diesen Platz bestimmt. Unser Vers zeigt dies am Beispiel der Hüter des Tempelschatzes. 

Dienst am Tempel taten ausschließlich Leviten, die Söhne Levis. Unter ihnen waren die Kohaniter, die Nachkommen Aarons, besonders herausgehoben: nur sie durften das Priesteramt wahrnehmen. In der Zeit um Davids Tod gab es unter den Leviten 38.000 Männer über 30 Jahren. Sie alle dienten im Tempel, so der biblische Bericht: 24.000 waren im Haus beschäftigt, 6.000 waren Verwalter und Tempelrichter, 4.000 waren Türhüter, eine besondere Schutztruppe, und weitere 4.000 waren Tempelmusiker. Der Text um unseren Vers legt fest, welche Zweige des reich gegliederten Stamms als Aufseher über die Tempelschätze dienten. 

Ich habe die Zuweisung in einer kleinen Grafik zusammengefasst. In Auszügen ist die Nachkommenschaft Levis zu sehen, einer der zwölf Söhne Jakobs. Wenn ich es richtig verstehe, sind ALLE Nachkommen Jehiels, Setams und Joels Hüter des Schatzes. In der Grafik sind sie gefettet und unterstrichen. Dazu treten EINIGE Nachkommen Amrams, Jizhars, Hebrons und Usiels, Ich habe sie kursiv markiert. Spezifisch aber sind die Oberaufseher des Schatzes stets Nachkommen Schubaels, eines Enkels von Mose.  

Alles, was sie wissen mussten, konnten die Angehörigen dieser Zweige von ihren Eltern lernen, oder von ihren Onkeln und Großeltern. Im übrigen Israel war es ähnlich. Der Stamm Levi war landlos und lebte vom Dienst an Gott. Alle anderen Stämme lebten von ihrem Land. Es gehörte fest zur Familie. Man konnte es nicht einmal dauerhaft an Fremde verkaufen, es fiel immer wieder an die Familie zurück. Aussicht auf Bereicherung boten nur Landnahme, Schlachtenglück mit Beute und der Dienst für den König.

Wie fühlt es sich an, wenn der Lebensweg dergestalt fest durch die Geburt bestimmt ist? Keine Selbstfindung nach dem Abitur, kein Studienwechsel, keine Neuorientierung in der Midlife-Crisis? Vielleicht ist das Leben leichter. Versagensängste und die seelischen Narben aus gewonnenen oder verlorenen Karriereschlachten spielen keine Rolle. Vor Querschüssen anderer muß sich niemand fürchten; deren Leben ist ja ebenso festgelegt wie das eigene. Und wenn ich nicht reich werde — könnte mein Kind mir einen Vorwurf machen? Die Apanage eines Tempelhüters war gewiss nicht erfolgsabhängig, und eine andere Beschäftigung hätte es für mich ja nicht gegeben.

Was würde eigentlich Indiana Jones dazu sagen? Es gibt natürlich die andere Seite. Wenn ich arm bleibe, muß ich mich nicht schämen, aber es gibt auch nicht viel, das ich tun kann, den Zustand zu ändern. Ich muß mich bescheiden, danken, Gott um Linderung bitten und in die traurigen Augen meiner Kinder blicken, die von Ferien am Meer träumen. Dies ist es, wozu der amerikanische Traum von der pursuit of happiness. sein mächtiges ‚Nein!‘ sagt.

Immerhin: Gott selbst wäre es gewesen, der mir die Stelle als Hüter des Schatzes im Leben gegeben hätte. Tut er so etwas heute noch? Und wie? Hören Sie in sich hinein…! Wie erkennen wir Berufung? Soziologen sagen, dass auch heute Herkunft und familiärer Hintergrund den Lebensweg eines Menschen recht weitgehend bestimmen. Ist das gut? Wäre das Gegenteil besser?

Etwas noch am Rande. Ich komme gerade von der Probe des Musikteams unserer Gemeinde. Wir waren zu viert, mit drei Instrumenten und wenig Kraft nach der Arbeit des Tags. In 1 Chr 23,5 steht zu lesen: 4.000 [waren verordnet] zu Sängern des Herrn, mit Instrumenten, die David zum Lobgesang hatte machen lassen. Mit einer solchen Zahl geübter Berufsmusikern war ein Lobpreis möglich, der heute unvorstellbar ist. Ihn zu erleben, aktiv oder als Zuhörer, muss wunderbar gewesen sein. Zumal jeder Beteiligte wusste, dass er seine Aufgabe vom Herrn selbst bekommen hatte. Und von seinen Eltern und Großeltern. Diese Arbeit gut zu machen ist dann ein Weg, Gott zu ehren und die Eltern dazu.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 33/2023

Und Jakob fragte ihn und sprach: Sage doch, wie heißest du? Er aber sprach: Warum fragst du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst.
Gen 32,20

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Abgrund

Eine dunkle Geschichte. Man könnte ein Buch dazu schreiben… Jakob kämpft mit Gott. Und behält die Oberhand. Wie kann das sein, wie kann er es überleben, wenn schon der Anblick Gottes tötet?

Für Jakob soll sich alles entscheiden. Sein ganzes Leben hat er gekämpft. — mit Esau um die Anerkennung des Vaters, mit Laban, seinem Onkel und Schwiegervater, um Herden, um Kinder, um Anerkennung. Was er gewonnen hat, will er nach Hause bringen, die Herden, die beiden Frauen und ihre Mägde, Mütter seiner Kinder, und die Söhne, aus denen ein Volk werden soll. Und nun steht ihm die Begegnung mit dem Bruder bevor. Der ist mächtig und kann gewalttätig sein, und Grund dazu hätte er allemal.

Jakob hat Angst. Er bleibt nachts allein am Fluß, dem Jabbok. Dort greift jemand ihn an, stumm und bestimmt. Wer? 

Die beiden Gegner sind verräterisch gleichwertig. Sie kämpfen viele Stunden, die ganze Nacht, ohne Entscheidung. Schließlich fügt Jakobs Gegner diesem eine schwere Verletzung zu, und gleichzeitig — gleichzeitig! — gewinnt Jakob die Oberhand. 

Der Angreifer trägt dämonische Züge. Er will fort, weil die Sonne aufgeht. Aber Jakob lässt ihn nicht gehen. Er verlangt zwei Dinge: den Namen seines Gegners und dessen Segen. Das Wissen um den Namen eines anderen verleiht Macht, und der Unbekannte lehnt ab. Die Forderung  nach dem Segen hingegen ist absurd, nach einem viele Stunden lang auf Leben und Tod geführten Kampf. Doch ja: der Fremde segnet Jakob. Und er gibt ihm einen neuen Namen: Israel — „der mit Gott kämpft“, so jedenfalls kann man diesen Namen lesen. Es wird der Name eines Volks.

Hier wird die Bibel deutlich: Der geheimnisvolle Gegner ist Gott oder ein Werkzeug Gottes. Mir will scheinen, dass Jakob ebenso auch mit sich selbst kämpft. Ein Widerspruch ist das nicht — wo wollen wir den mächtigen und unbekannten Gott finden, wenn nicht im Dunkel der Nacht in uns? 

Mich erinnert die Geschichte an den Kampf Ahabs mit dem weissen Wal in Melvilles ‚Moby Dick‘, dem „großen weissen Gott“, wie es an einer Stelle heißt. Ahab kämpft ebenso mit dem Abgrund in sich selbst wie mit der abgründigen Gottheit. Aber statt der gegenseitigen Vernichtung steht bei Jakobs Kampf am Jabbok am Ende ein Segen.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth 

Bibelvers der Woche 32/2023

Er gedenkt an seine Gnade und Wahrheit dem Haus Israel; aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes. 
Ps 98,3

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Singet dem Herrn…!

Unser Vers gehört zu einem Psalm, der sich ganz dem Lobpreis Gottes widmet. „Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel“ — Christen wissen und vertrauen darauf, dass auch sie gemeint sind. Hier ist der ganze, großartige Psalm, nach der Lutherübersetzung von 1984:  

Singet dem HERRN ein neues Lied,
denn er tut Wunder.
Er schafft Heil mit seiner Rechten
und mit seinem heiligen Arm.
Der HERR lässt sein Heil kundwerden;
vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel,
Jauchzet dem HERRN, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!

Lobet den HERRN mit Harfen,
mit Harfen und mit Saitenspiel!
Mit Trompeten und Posaunen
jauchzet vor dem HERRN, dem König!
Das Meer brause und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Die Ströme sollen frohlocken,
und alle Berge seien fröhlich
vor dem HERRN; denn er kommt, das Erdreich zu richten.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker, wie es recht ist.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche, mit einem neuen Lied darin…!
Ulf von Kalckreuth 

Bibelvers der Woche 31/2023

Er sah aber auf und schaute die Reichen, wie sie ihre Opfer einlegten in den Gotteskasten.
Luk 21,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Äquivalenz

Und so geht es weiter: Er (Jesus, d.V.) sah aber auch eine arme Witwe, die legte dort zwei Scherflein ein. Und er sprach: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr als sie alle eingelegt. Denn diese alle haben etwas von ihrem Überfluss zu den Opfern eingelegt; sie aber hat von ihrer Armut alles eingelegt, was sie zum Leben hatte. (Luk 21,2-4)

Jesus sieht, was die Reichen geben, er sieht auch, was die Witwe gibt. Jesus kommentiert das Verhältnis, in dem die Gaben stehen. Was er sagt, bedeutet zunächst einfach, dass mehr geben sollte, der mehr hat. So sagt es auch die Torah, in den Vorschriften zum Sühneopfer: wer arm ist, muß statt eines Schafs oder einer Ziege nur zwei Tauben zum Opfer bringen (Lev 5,7), siehe auch Lev 14,10ff zum Reinigungsopfer für Aussätzige.

In den finanzwissenschaftlichen Literatur zur Besteuerung nennt man dies das Äquivalanzprinzip. Aber Jesus hat keinen fiskalischen Blick, der die Leistungsfähigkeit der Opfernden einschätzt. Er nimmt die Perspektive der mittellosen Witwe ein und spricht von der ungeheuren Bedeutung dieses Opfers für sie — und diese Bedeutung ist es, die den Wert des Opfers ausmacht. Darin liegt die eigentliche Äquivalenz. 

Uns allen wünsche ich eine gesegnete Woche,
Ulf von Kalckreuth