Bibelvers der Woche 02/2024

Von den Engeln spricht er zwar: „Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen”,…
Heb 1,7

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Botschaft im Wind

Es ist einer dieser Verse, in denen ein anderer steckt, wie in einer Matrioschka. Der Autor des Hebräerbriefs will aufzeigen, um wie vieles der Sohn Gottes höher steht als die Engel, und er zitiert dazu Verse aus dem Alten Testament. Im Vers oben stellt er einen Vergleich mit der Art und Weise an, wie ihrerseits die Engel gepriesen werden. Zitiert wird dabei Psalm 104,4. In der Lutherbibel 1984 lautet dieser Psalmvers: 

…der du machst Winde zu deinen Boten 
und Feuerflammen zu deinen Dienern

„Bote“ und Engel“ werden im Hebräischen durch dasselbe Wort wiedergegeben: mal’ach. Im Psalmvers aber werden Winde zu Boten und Flammen zu Dienern gemacht, nicht umgekehrt, wie im Zitat des Hebräerbriefs. 

Aber vielleicht spricht der Psalmvers ja nicht wirklich über Engel, sondern über die Art und Weise, wie Gott zu uns redet. Manchmal durch Erscheinungen in der Natur, Elemente, wie Feuer und Wind. Aber das muss man verstehen wollen. In meiner Frankfurter Gemeinde berichtete vor einigen Jahren eine Frau, wie sie in ihrer Jugend früh an das Ende ihrer Möglichkeiten gekommen war, sich gescheitert fühlte, auch durch eigenes Verschulden, und sich von Gott und den Menschen verlassen sah. Sie stand an einer Bushaltestelle, in der Dämmerung, und wollte nicht mehr leben. Sie sagte, „Gott, wenn es dich gibt, wenn du mich hörst, dann sprich jetzt zu mir!“ Abwesend blickte sie in Richtung einer dünnen Plastiktüte, die an der Bushaltestelle auf dem Boden lag. Dann nahm sie wahr, wie diese Tüte anfing, sich zu bewegen: sie war in einen Luftwirbel geraten und drehte sich, tanzte hin und her, erhob sich in die Luft und legte sich schließlich wieder nieder. Die junge Frau sah, dass Gott sie gehört hatte und verstand die Antwort. 

Diese Kommunikation hatte mit einer Glaubensentscheidung zu tun — stärker noch; sie war durch eine Glaubensentscheidung bedingt. Die junge Frau hätte die tanzende Tüte ebensogut ignorieren oder gar Spott darin sehen können. 

Gott sprechen hören. Ulf von Kalckreuth mit Dall-E, 01-01-2024

Hier ist noch einmal eine Matrioschka: In dieser Geschichte aus Frankfurt spiegelt sich ein ganz alter Bericht, 1 Kö 19,11-13. Als Elia am Ende war und keine Hoffnung mehr hatte, suchte er den Herrn am Horeb und fand ihn nicht: nicht im Sturmwind, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer. Er fand ihn schließlich im Säuseln des Windes. Und wie die junge Frau hätte Elia in diesem Moment die Freiheit besessen, in dem Säuseln nichts zu sehen und zu hören. 

Aber die Begegnung richtete ihn wieder auf und änderte sein Leben, wie das der jungen Frau, von der ich berichtet habe.

Der Herr, der die Winde zu seinen Boten macht und seinen Engeln befohlen hat, uns zu behüten, sei mit uns!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 39/2023

Die Gnade sei mit euch allen! Amen.
Heb 13,25

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ein Segen

Den Vers muß ich nicht kommentieren, er spricht für sich selbst. Aber lesen Sie doch mal den Abschnitt, aus dem er kommt.

Die Gnade sei mit uns allen! Amen.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 32/2022

…welche denn hörten sie und richteten eine Verbitterung an? Waren’s nicht alle, die von Ägypten ausgingen durch Mose?
Heb 3,16

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Einheitsübersetzung. 

Das Wort sie sollen lassen stahn!

Der Text um unseren Vers herum fordert dazu auf, die Gnade Gottes nicht zu verwirken, sondern dankbar anzunehmen und das seine dazuzutun. Dabei entsteht eine kleine Matrjoschka. Das sind diese russischen Holzpuppen, die mehrfach ineinandergesteckt sind: öffnet man eine, kommt die nächste zum Vorschein. Heb 3 zitiert Ps 95, und dieser verweist auf die Thora, Num 13 und 14. Das Volk Israel konnte sich mit Gottes Hilfe aus der ägyptischen Knechtschaft befreien. In der Wüste aber wird das Volk ängstlich, wankelmütig und unzufrieden. Es verliert den Weg ins Heilige Land, zu Gottes Ruhe, und muß lange noch in der Wüste bleiben. Siehe dazu den BdW 01/2022 von Anfang dieses Jahres.

Mir gefällt die Wendung „Eine Verbitterung anrichten“. Du, lass Dich nicht verbittern, singt Wolf Biermann, in dieser bittren Zeit… Wir sind Kinder Gottes, auf dem Weg zu Gottes Ruhe, wenn wir trotz äußerer Bitternis in uns selbst fröhlich bleiben und voll Zuversicht. Ich glaube wirklich, das ist der eigentliche Erweis unseres Glaubens.

Aber Grund zur Beschwerde habe ich heute doch. Oben habe ich auf die (katholische) Einheitsübersetzung verlinkt, statt wie sonst auf die Lutherbibel 2017. Dort nämlich geschieht Merkwürdiges. In den Versen 16-18 werden in rhetorisch strenger Form Fragen gestellt und dann mit verneinten Fragen beantwortet, der Art: „Ist dieses Kind nicht hübsch?“ Noch die Lutherübersetzung 1984 hat die Struktur getreulich wiedergegeben. Hervorgehoben ist der gezogen Vers:  

15Wenn es heißt: »Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht, wie es bei der Verbitterung geschah« – 16wer hat sie denn gehört und sich verbittert? Waren’s nicht alle, die von Ägypten auszogen mit Mose? 17Und über wen war Gott zornig vierzig Jahre lang? War’s nicht über die, die sündigten und deren Leiber in der Wüste zerfielen? 18Wem aber schwor er, dass sie nicht zu seiner Ruhe kommen sollten, wenn nicht den Ungehorsamen? 19Und wir sehen, dass sie nicht dahin kommen konnten wegen des Unglaubens.

So steht es in allen großen Übersetzungen, die ich konsultiert habe, so steht es auch im Original, wie mir meine griechischkundige Ehefrau bestätigen konnte. Hier eine Interlinearübersetzung. Aber in der Lutherübersetzung 2017 liest man: 

15solange es heißt (Ps 95,7-8): »Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht, wie es bei der Verbitterung geschah.« 16Denn als sie das hörten, wurden einige verbittert, aber nicht alle, die von Ägypten auszogen unter Mose.17Und wem zürnte Gott vierzig Jahre lang? Waren’s nicht die, die sündigten und deren Leiber in der Wüste zerfielen? 18Wem aber schwor er, dass sie nicht in seine Ruhe eingehen sollten, wenn nicht den Ungehorsamen?19Und wir sehen, dass sie nicht hineinkommen konnten wegen des Unglaubens.

Der formale Fragecharakter von Vers 16 wird ignoriert und — abrakadabra — verwandelt sich das „Waren es nicht alle“? in sein logisches Gegenteil: „Es waren nicht alle!“ Dieses Kind ist nicht hübsch… 

Dabei hat das Übersetzerkollektiv durchaus mit sich gerungen. Bei genauem Hinschauen entdeckt man, dass in einer Fußnote der wahre Wortlaut wiedergegeben ist, als „andere Übersetzung“. Und der Eingriff ist sicher gut gemeint. Das griechische Original nämlich ist in zweierlei Hinsicht nicht korrekt: sachlich nicht und auch nicht politisch. Nach der Schrift gab es durchaus Israeliten, die vom Fluch ausgenommen blieben und das Heilige Land sehen durften: Kaleb und Josua, die beiden Späher, die dem Versprechen des Herrn glaubten, siehe Num 14,30 und Jos 14,6. Und die im Vers enthaltene Wertung, dass der jüdische Weg nicht zum Heil führt, ist heute schwer erträglich.

Das Dumme daran ist, dass diese Wertung nahe an der Kernbotschaft des Textes liegt. Der Hebräerbrief versucht Menschen, die sich dem Christentum erst vor kurzer Zeit angeschlossen haben, von einem Rückfall in die jüdische Gesetzlichkeit abzuhalten. Man mag das Anliegen und die Wertungen des Briefs nicht teilen wollen, man mag dafürhalten, dass es zwei gleichwertige Wege zu Gott gibt, einen aus dem alten Bund und einen aus dem neuen. Ich selbst bin dieser Überzeugung. Aber mit welchem Recht kann ein Übersetzer sich selbst und sein gutgemeintes Dafürhalten so zwischen den Text und seine Leser schieben? Wenn der Leser geschützt werden muss, sollte man ihm eine Kinderbibel geben.

„Das Wort sie sollen lassen stahn, und kein Dank dazu haben.“ Das sagt Martin Luther. Der Satz steht in der abschließenden Strophe von „Ein feste Burg ist unser Gott“. An wen er dabei wohl dachte? 

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche, voll Zuversicht, auf dem Weg zu Gottes Ruhe!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 01/2022

So lasset uns nun fürchten, dass wir die Verheißung, einzukommen zu seiner Ruhe, nicht versäumen und unser keiner dahintenbleibe.
Heb 4,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Gottes Ruhe

Der Vers spricht eigentlich für sich selbst, nicht wahr?  Aber ich würde gern über die Verheißung nachdenken, „einzukommen in seine Ruhe“.

Hier gibt es eine Kette von Bezügen. Der unbekannte Autor des Hebräerbriefs bezieht sich auf Psalm 95: Dort erhält Gott der Herr selbst das Wort, eingeleitet mit einer Warnung: Wenn ihr doch heute auf seine Stimme hören wolltet… Denn dann erginge es den Angesprochenen nicht wie den Israeliten, als sich Gottes Zorn gegen sie wendete und er seine Verheissung an die damals lebende Generation zurücknahm. Statt dessen sollten sie vierzig Jahre durch die Wüste ziehen, und erst ihre Kinder durften das Gelobte Land sehen. Dies wird erzählt in 4. Mo 14, 20f. „In seine Ruhe eingehen“ bedeutet im ursprünglichen Kontext also schlicht „sesshaft werden“ — aufhören zu wandern, den Nomadenstatus ablegen und eine Existenz als Eigner des von Gott zugewiesenen Land aufnehmen.

Im Psalm geht es im übertragenen Sinne um die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk. Noch einnal viel später schreibt der Autor des Hebräerbriefs, dass auch wir eine Verheissung erhalten haben, „auch uns ist verkündigt wie jenen“. Und wir sollen diese Verheissung nicht verlieren. Dabei geht es nicht um die Sesshaftigkeit in Kanaan. „Es ist … noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes“ schreibt der Autor in Vers 9, ohne auszubuchstabieren, was genau er meint. Er weist auf den Schabbat hin, die Ruhe von den Werken. Die folgenden Abschnitte machen klar, dass es um die Gemeinschaft mit Gott in Christus geht. Man kann diese Gemeinschaft annehmen, man kann sie auch versäumen. 

Wir sehen hier eine kleine Kette, in der ein ursprünglich sehr konkreter Begriff eine Umdeutung erfährt mit Blick auf eine höhere Realität, die nicht mit Händen zu greifen ist: zunächst im Psalm und dann, auf Christus bezogen, im Hebräerbrief.

Gottes Ruhe… requiem aeternam dona eis, Domine….

Ruhe in Gott, Ruhe von den Werken. Das Gegenteil davon wäre Bewegung, die nicht aufhört, weil sie nicht aufhören kann. Als extremes Bild drängt sich mir der „Fliegende Holländer“ auf. Ich habe mit meiner Tochter kürzlich „Fluch der Karibik“ gesehen: der Film bringt den alten Mythos neu auf die Leinwand. Das wäre eine Form des ewigen Lebens, die wahrlich niemand haben will.

Ich wünsche uns allen ein gesegnetes neues Jahr in Gottes Schutz und Beistand, in dem wir an seiner Ruhe nicht vorbeigehen, und auch keinen von uns zurücklassen!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 29/2021

…welchen er uns bereitet hat zum neuen und lebendigen Wege durch den Vorhang, das ist durch sein Fleisch,…
Heb 10,20

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Durch den Vorhang

Ein Vers voll konzentrierter Theologie, Teil eines gedrängten Satzes, der seinerseits die voranstehende Abhandlung zusammenfasst. Hier ist der ganze Satz, Heb 10, 19-22 in der Lutherbibel 2017:

Weil wir denn nun, Brüder und Schwestern, durch das Blut Jesu den Freimut haben zum Eingang in das Heiligtum, den er uns eröffnet hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang, das ist: durch sein Fleisch, und haben einen Hohenpriester über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in der Fülle des Glaubens, besprengt in unsern Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leib mit reinem Wasser.

Ich kann versuchen, das mit meinen Worten wiederzugeben. Es geht um den Zugang zu Gottes Gegenwart. Verse dazu hatten wir in den vergangenen Wochen 24, 25 und 26 bereits. Das Allerheiligste war die „Wohnung Gottes“ im Stiftszelt auf der Wüstenwanderung und später im Tempel. Niemand erträgt die volle Gegenwart Gottes, ohne zu sterben, siehe BdW 24/2021. Gott wohnt daher in der Dunkelheit. Zum Allerheiligsten hatte nur der Hohepriester Zutritt, einmal im Jahr. Allen anderen war der Raum verwehrt. 

Christus hat der Beziehung zwischen Mensch und Gott auf eine neue Grundlage gestellt. Deshalb sprechen Christen vom „neuen“ Testament. Christus steht für den Zugang zu Gott, er ist dieser Zugang, sagt der Verfasser des Hebräerbriefs. Christus ist Hohepriester ganz eigener Art. Sein Opfer und sein Tod sind die Verbindung zwischen unserer Welt und Gottes Gegenwart, wie ein Weg durch den Vorhang, der im Tempel das Allerheiligste und die Welt zugleich verband und trennte. Mt 27 und Mk 15 beschreiben, wie dieser Vorhang bei Jesu Tod zerriss. 

Der Hebräerbrief sucht die Wahrheit Christi in Bilder und Formeln des traditionellen Judentums zu fassen. Die Adressaten waren jüdische Christen. Der Brief ist eine Art Übersetzung. Eigentlich ist das Eulen nach Athen tragen: Jesus war Jude und hat sein Leben unter frommen Juden verbracht. Seine Sprache war einfach, er selbst hätte sicherlich nicht so formulieren wollen. Aber die Antworten auf die Fragen — wer ist denn der Christus? König, Priester, Prophet, Messias, Mensch, Gott, beides? — begannen früh schon so komplexe Gestalt anzunehmen, dass sie übersetzt werden mussten.

Der Brief wurde später in den biblischen Kanon aufgenommen, in den Kernbestand der Zeugnisse christlichen Glaubens. Ob er sein erstes Ziel erreicht hat? Wie wurde er wohl aufgenommen? 

Bei mir bleibt dies Bild: Christus, der bei Gott lebt und den Menschen zugleich, ist unser Weg zur Gegenwart Gottes. Sein Tod macht den Weg durch den Vorhang frei, der die Welten trennt.

Gehen müssen wir den Weg selber. Unvorstellbar eigentlich. Schwindelerregend. Wer wagt es? 

Ich wünsche uns allen eine gute Woche in Gottes Segen,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 51/2019

Nun aber begehren sie eines bessern, nämlich eines himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, zu heißen ihr Gott; denn er hat ihnen eine Stadt zubereitet.
Hebr 11,16

Hier ist ein Link zum Kontext in der Lutherbibel 2017.

Die Verheißung

Unser Vers fügt sich nahtlos an den BdW der Kalenderwoche 47 an, an das große Versprechen, das sich durch die Bibel zieht. Erinnern Sie sich?

Ihr werdet aber über den Jordan gehen und in dem Lande wohnen, das euch der HErr, euer Gott, wird zum Erbe austeilen, und er wird euch Ruhe geben von allen euren Feinden um euch her, und ihr werdet sicher wohnen. (Dtn 12,10)

Hier geht es um die spezifische christliche Fassung dieser originären Verheißung, die im Alten Testament erst einem Menschen, dann einem Volk gegeben wurde. Nun soll sie Menschen aus allen Völkern gelten und sich nicht auf irdisches Land beziehen, sondern auf das Reich Gottes. Zum besseren Verständnis hier der Vers in seinem unmittelbaren Kontext

Diese alle (Abel, Henoch, Noah, Abraham, Sarah, d.V)) sind gestorben im Glauben und haben die Verheißungen nicht ergriffen, sondern sie nur von ferne gesehen und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind. Wenn sie aber solches sagen, geben sie zu verstehen, dass sie ein Vaterland suchen. Und wenn sie das Land gemeint hätten, von dem sie ausgezogen waren, hätten sie ja Zeit gehabt, wieder umzukehren. Nun aber streben sie zu einem besseren Land, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott zu heißen; denn er hat ihnen eine Stadt gebaut.

Ich glaube, man kann es einfacher sagen. Die Zeugen der ersten Zeit, über die in Genesis berichtet wird, haben geglaubt. Sie glaubten etwas, das sie nicht sehen konnten und im Vertrauen darauf sind sie ausgezogen und haben Bekanntes aufgegeben. Es ist das Reich Gottes, das sie eigentlich suchten und auf das immer schon die Verheißung lautete. Diese Verheißung haben sie zu Lebzeiten nicht erlangt, sie steht ihnen noch aus. Sie werden sie gemeinsam mit denen erlangen, die jetzt leben, so steht es am Ende des Abschnitts. 

Ich liebe die Vorstellung vom Reich Gottes. Etwas, das nicht hier ist, aber doch schon da, das wir als einzelne, lokal, schon leben können, manchmal wenigstens, dessen Erfüllung für alle, global, aber noch aussteht. Vielleicht ist die globale Erfüllung (und die dazugehörige Apokalypse) am Ende auch ein Gleichnis für die lokale Form, das Reich Gottes in unserem eigenen Leben. 

Auch wir müssen ausziehen und aufgeben, um suchen und finden zu können, und vermutlich finden wir, indem wir in Bewegung sind, nicht alles auf einmal, sondern entlang des Wegs immer mehr. So verstehe ich die Geschichte der Alten. Und jeder von uns hat am Ende seine eigene Apokalypse vor sich. 

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Adventswoche auf dem Weg zum besseren Land,
Ulf von Kalckreuth